Finnland
Inari- See in Lappland
Juli 2022
Nachdem wir 2 Jahre auf Grund der Corona-Beschränkungen nur Mecklenburg- Sommerfahrten machen konnten, durften wir dieses Jahr wieder nach Finnland. Ziel war dieses Jahr der weltweit größte See nördlich des Polarkreis, Inari. Dieser See ist mehr als doppelt so groß wie der Bodensee. Trotz der etwa 4000 Inseln bietet er etliche extrem offene Wasserflächen, so dass wir komplett auf unsere Inrigger Dreier mit Steuermann setzten. Wegen des begrenzten Gepäckplatzes in diesen Booten ruderten wir alle 4 Boote als Zweier mit Steuermann. Ein weiteres Handicap des Inari ist, dass man nur an zwei Punkten (Ivalo + Inari) Lebensmittel- Nachschub einkaufen kann. Für 11-12 Tage muss man alles dabei haben.
Kurz vor dem Start drohte allerdings alles zu platzen. Zwei Tage vor der Fahrt blieb unsere Zugmaschine mit defekter Kupplung liegen. Obwohl Meister Henry alles in Bewegung setzte, um an die Ersatzteile zu kommen, hatten wir keine Zugmaschine. Der eilig bestellte Mietwagen, hatte dann nur 5 Sitze (anstelle der bestellten 7 Sitze), so dass wir am Abreisetag ohne Fahrzeug dastanden. Martin stellte daher seinen 7-Sitzer zur Verfügung, so dass wir mit etwas Verspätung starten konnten. Tim hatte mit seinem Volvo den Anhänger nach Rostock vorgefahren. Mit Tempo 210 holten ihn in Rostock ein, hängten den Anhänger um, und fuhren pünktlich auf unsere Nachtfähre. Martin gilt daher der Dank, dass die Fahrt stattfinden konnte.
Die Stena Fähre kam bereits gegen 6 Uhr in Trelleborg an. Bis Stockholm waren es 650 km. Leider im sintflutartigen Dauerregen, so dass die Fahrt für die Fahrer etwas nervig war. Wir kamen trotzdem pünktlich in Stockholm an. Eigentlich wollten wir die Wartezeit auf die Fährabfahrt mit einer kleinen Stadtbesichtigung verkürzen, der weiter heftige Regen ließ diesen Plan ins Wasser fallen. Am Abend ging es auf die Fähre nach Turku. Die Ruderer plünderten zunächst das Büffet. Die Fahrer gingen danach fast sofort schlafen, während speziell die weibliche Jugend sehr lange die Disko frequentierte.
Um 7 Uhr früh ging es in Turku von der Fähre runter, auf den langen Weg nach Norden. Wir fuhren einmal der Länge nach durch Finnland. Nach 1150 km erreichten wir unseren Campingplatz in Ivalo, wo uns Maria (Anreise per Flugzeug) bereits begrüßte. Wir hatten drei Hütten auf dem Ivalo-River-Campingplatz gebucht. Der Platz liegt direkt an der Straße und am Ivalojoki. Da die Sonne ja noch nicht untergegangen war (kleiner Scherz), luden wir gleich die Boote ab, während ein paar Leute Abendessen machten. Kurz einkaufen waren wir auch noch, die Supermärkte haben hier lange offen.
Am nächsten Morgen brachten wir Martins Auto zum Ölwechsel in die örtliche Werkstatt (eigentlich wollte Martin das in der nächsten Woche zu Hause machen....). Es wurde noch etwas eingekauft, dann verließen wir die zivilisierte Welt. Wir beluden die 4 Inrigger mit Zelten, Matten, Schlafsäcken, Kocher, 2 Gasflaschen, persönlichem Gepäck und Lebensmitteln für 14 Tage.
Zunächst ging es 25 km den Ivalojoki abwärts. Dank etwas Strömung ruderten wir trotz der schwer beladenen Boote recht zügig flussabwärts. Das Wetter war trocken, knapp 20 Grad, kein Regen, kein Wind. Angenehmes Ruderwetter. Beim Ablegen nervten noch ein paar Mücken, aber auf dem Wasser gab es keine Blutsauger mehr. Dafür gab es am Ufer die ersten Rentiere zu sehen. Beim erreichen des Inari- Sees bogen wir nach Backbord ab, in einen Nebensee, den Ukkonjärvi. Hier galt es zunächst eine extrem enge und steinige Durchfahrt zu meistern. Die aufgestellten Fahrwasserstangen sollte man unbedingt ernst nehmen, sonst wäre man unweigerlich auf eine Kippe aufgelaufen. Am Südende des Sees gönnten wir uns noch einmal einen Campingplatz. Die gebuchten “Hütten” erwiesen sich als recht luxuriöse Ferienhäuser nicht nur mit eigenem Bad, sondern auch einer Sauna. Wir genossen noch eimal ein richtiges Bett.
Am nächsten Morgen ging es wieder raus auf den Inari See zunächst nordwärts in das Insel- Labyrinth. Auf der Insel Korkia-Maura gibt es eine Eishöhle. Es gibt einen kleinen Steg und einen Trampelpfad zu den Felsen. Hier drückt man sich durch einen Felsspalt und steigt eine wacklige Leiter abwärts und findet auf dem Boden der Höhle eine Eisfläche. Gut das Handys eine Taschenlampe haben. Danach ging es weiter über einige freie Flächen und durch Insel- Labyrinthe zu unserem ersten Biwakplatz Petäjäsaari. Eine Hütte mit ein paar Bettgestellen, eine Hütte mit Saunaofen, mit Platz für Matten auf dem Boden und einen halboffene Hütte mit Tisch und Kocher als Küche. Purer Luxus, sogar gefüllte Gasflaschen waren angeschlossen.
Nun ruderten wir weiter gen Südwesten. Erst durch zahlreiche Inselgruppen, die den Orientierungssinn der Steuerleute forderten, bevor wir bei der Insel des Donnergottes Ukko die lange offene Bucht nach Inari erreichten. Zunächst wollten wir aber auf dem hohen Felsen der Insel Ukko die Aussicht genießen. Allerdings war der früher vorhandene Hafen an der Insel nicht mehr vorhanden. Wir vertäuten die Boote auf der Windschattenseite der Insel und erklommen die Klippe. Nachdem wir die Aussicht genossen hatten, ging es weiter nach Inari. Die Hütten des örtlichen Campingplatzes waren schon aus etlichen Kilometer Entfernung zu erkennen. Es gab einen kleinen Strand, geschützt hinter einem halbnatürlichen Wellenbrecher, so dass wir anlegen konnten. Leider hat der Campingplatz keine Familienhütten mehr, sondern nur noch Hütten für 2-Personen. Die waren zwar etwas komfortabler als die alten Hütten, aber leider auch deutlich teurer. Nachdem wir die Quartiere bezogen hatten, gingen wir zunächst zum Einkaufen in den Ort. Die letzte Chance zum Verpflegung nachkaufen für die nächsten 11 Tage. Danach bekamen wir im Andenkengeschäft (Kitsch in großen Mengen) sogar noch eine weitere Wassersportkarte für den Inari- See. Der Rest der dort angebotenen Waren, war eher nicht so sinnvoll.
Bei Superwetter, Sonnenschein und nahezu windstill ruderten wir aus der großen Bucht von Inari wieder heraus. Vorbei an Ukko lag das Ziel in einer unübersichtlichen Inselgruppe mitten im See. Da die Strecke recht kurz war, entschlossen sich die Obleute zu ein paar kreativen Umwegen. Jedes Boot erreichte aus einer anderen Richtung die Hütte auf Kahkusaari. Auch dieser Platz war wieder voll ausgestattet, so dass alle Ruderer einen Platz im Haus fanden.
Von hier ging es weiter nach Norden. Zunächst über eine freie Fläche von ein paar Kilometer, danach wollten wir in den Windschatten einer langgestreckten Inselgruppe eintauchen. Wind war aber nicht, wir nahmen die Inselgruppe trotzdem als Orientierung. Auf beiden Seiten der Inseln erstreckte sich der Inari See endlos bis zum Horizont. Am nördlichen Ende der Inselgruppe galt es noch einmal einiges offenes Wasser zu überqueren. Danach bogen wir eine Bucht der Insel Pisteriniemi ab, zur nächsten Schutzhütte. Hier gab es sogar einen großen Steg und wieder zwei Gebäude zum Schlafen und eine überdachte Küchenhütte. Der VL bevorzugte zum Schlafen die offene Küchenhütte, um seinen Schlafsack zu testen. Allerdings war es dafür viel zu warm.
Mit einen kleinem Umweg über den Kuuvan kanava (die nördlichste künstliche Binnenwasserstraße der Welt) war der Kurs stramm nach Nord gerichtet. Der Inari verengt sich hier zu einem nur noch wenige Kilometer breiten endlos langem Schlauch. Am Nordende steht bei Soulistaipale die nördlichste Hütte. Direkt daneben ist ein Gleiswagen zum Umsetzen von Booten. Mit einiger Mühe brachten wir unsere Boote in den knapp zwei Meter höher gelegenen Soulisjärvi. Eigentlich wollten wir hier erst am nächsten Tag eine Rudertour unternehmen. Da es aber noch früh am Tag war und das Wetter weiter extrem gut, ruderten wir nach kurzer Pause weiter. Das Gepäck deponierten wir an der Hütte. Das Nordende des Soulisjärvi werden die Bäume schon seltener, man ist kurz vor der Grenze zur Tundra. Kleine, etwas höher gelegene Teiche würden eine Weiterfahrt möglich machen, allerdings mit unzähligen Umtragen. Nach einer längeren Pause ruderten wir wieder südwärts. Auf dem Rückweg inspizierten wir noch eine Wildwasserstelle, den natürlichen Abfluss des Soulisjärvi zum Inari. Eigentlich war der Plan hier am morgigen Tag die Boote zu treideln. Auf dem Rückweg zur Hütte kam jedoch stürmischer Nordwind auf. Uns saß ein Gewitter im Nacken. Ein sicheres Lagern der Boote am nördlichen Ufer war nicht möglich,so dass wir sehr hektisch alle Boote über die Gleislore wieder nach unten brachten und hier windgeschützt vertäuten. Unmittelbar nachdem wir fertig waren, brach das Gewitter mit sintflutartigem Regen los.
Nach dem Regen vom Vortag war es etwas kühler und leichten Gegenwind hatten wir auf unserem Weg nach Süden auch. Wir nutzten den Windschutz des östlichen Ufers. Eigentlich wollen wir heute über eine weitere Bootsschleppe in den Nitsijärvi abbiegen. Das erhoffte Quartier bei Suojanperä (Hütten) war aber leider belegt, so dass wir uns doch wieder für den Biwakplatz auf Pisteriniemi als Ziel entschieden. Der für die Nacht bzw. den nächsten Tag angekündigte stürmische Wind machte uns etwas nervös.
Wie versprochen blies der Wind am Morgen schon recht heftig. Nach Wetterbericht sollte es im Laufe des Tages noch mehr werden. Daher entschlossen wir uns eine Tagestour nach Norden (gegen den Wind). Wir ruderten durch einige Inselgruppen, aber in der Wind-Deckung einer kleinen Insel drehten wir dann doch um und ruderten zurück nach Pisteriniemi. Die Boote wurden gut am Steg abgespannt, bzw. in der hintersten Ecke der geschützten Bucht im Schilf vertäut. Der Abend wurde zum entspannen genutzt. Einige versuchten auch ihr Schlafdefizit auszugleichen. Schwierig, wenn es 24 Stunden am Tag hell ist.
Am nächsten Tag ging es entlang einiger Inselgruppen wieder nach Süden. Windschutz war kaum nötig, aber zur Orientierung ist es hilfreich, wenn man einer Inselkette folgt. Die offenen Flächen neben uns waren wieder gigantisch. Gegen Nachmittag erreichten wir Kärppasaari. Unterwegs hatten wir ein paar Schauerwolken gesehen, aber gegen Abend wurde das Wetter richtig gut.
Bei den beiden letzten Malen hatten wir Nellim wetterbedingt nicht erreichen können. Heute erwischten uns zwar immer wieder ein paar Regenschauer, aber der Wind war nur mäßig, so dass wir durch enge Durchfahrten und viele Untiefen nach Nellim kamen. Wir überquerten den Paatsjoki (Ausfluss des Sees nach Russland) und erreichten in einer tiefen Bucht nach Osten den Ort Nellim. Ein paar Häuser, teilweise mit Rentieren im Vorgarten, eine kleine orthodoxe Holzkirche und ein Yachthafen. Nichts zum Einkaufen, aber dafür ein viel zu luxuriöses Hotel. Wir hatten uns drei der “einfachsten” Hütten gebucht. Eher etwas für eine AH-Wanderfahrt und leider ohne Küche. Da wir uns in dieser Anlage nicht trauten einen Kocher aufzubauen, gönnten wir uns noch das Abendessen im Hotel-Restaurant. Sehr vornehm, sehr teuer und für Ruderer hätten die Portionen größer sein dürfen.
Nach diesem Ausflug in die Zivilisation ging es wieder in die Wildnis. Mit einigen Umwegen durch interessante Inseldurchfahrten erreichten wir Kaikunuora. Die Hütte lag auf einer winzigen Insel und war für uns etwas eng, so dass wir noch ein Zelt aufstellen mussten. Eine finnische Familie zeltet hier auch schon.
Den gesamten nächsten Vormittag regnete es. Der Wetterbericht versprach Besserung am Nachmittag, also warten wir in der Hütte auf das Ende des Regens. Am frühen Nachmittag war das Wetter zwar nicht gut, aber fast trocken. Wir brachen auf. Ziel war diesmal Petäjäsaari, eine Hütte bei der wir schon beim Hinweg übernachtet hatten. Dieses Mal waren aber mehrere Finnen schon da. Wir rückten in der Hütte zusammen, bauten ein Zelt auf und Lars schlief im Holzschuppen unter Moskitonetz. Den Abend saßen wir mit den Finnen zusammen und unterhielten uns über den See, die Wildnis und die räumliche Nähe zu Russland.
Schon die letzten beiden Tage waren wir etwas Zick-Zack gerudert. Der Grund war, dass wir bisher keinen unserer Reservetage gebraucht hatten. Im Gegenteil hatten wir sogar einen Tag heraus gerudert, da wir an einem Tag zwei Etappen gefahren waren. Um möglichst nah an die Mündung des Ivalojoki heran zu kommen, ruderten wir am vorletzten Rudertag zum Ukkonjärvi. Auf dem hiesigen Campingplatz hatten wir wieder zwei Hütten gebucht, so dass der Abend entspannt verlief.
Am letzten Rudertag war dann mal wieder wirkliche körperliche Anstrengung gefragt. Es waren zwar nur 32 km, aber davon 25km gegen die Strömung des Ivalojoki aufwärts. Mit Zweier-Inriggern hatten wir da richtig etwas zu tun. Beim Flussabwärtsrudern übersieht man gerne mal, dass es strömt. Das erste Boot holte unterwegs schnell noch unser Zugfahrzeug von der Werkstatt ab (Ölwechsel war fertig) und meldete uns wieder beim Campingplatz an.
Am ersten Rückreisetag machten wir am Polarkreis einen Zwischenstop beim Sitz des Weihnachtsmannes. Selten soviel Kitsch auf einem Haufen in so vielen Andenkenshops gesehen. Danach ging es weiter bis Jyväskylä 830km südlich von Ivalo. Das Quatier war ein sehr einfaches (aber auch sehr billiges) Hostel.
Den zweiten Tag erreichten wir gegen Mittag Helsinki, so dass uns noch einige Zeit für eine Stadtbesichtigung blieb, bevor es am frühen Nachmittag auf die Silja Symphonie ging. Nach zwei Wochen Wildnis ist auf jeden Fall das abendliche Büffet ein Highlight. Danach kann man Shoppen oder ins Kinderland (wie viele kleine Kinder hatten wir eigentlich dabei?), zum Karaoke, in den Nachtclub oder die Disko.
Nach der Ankunft in Stockholm am Morgen hatten wir 650 km bis zu nächsten Fähre in Trelleborg. Unsere Ideen von touristischen Highlights bei der Tour quer durch Schweden vielen nahezu komplett ins Wasser. Jede Menge Regen auf der Strecke. Am Inari war definitiv besseres Wetter als in Schweden! Am Abend ging es auf die Fähre, am nächsten, sehr frühen Morgen erreichten wir Rostock. Gegen Mittag waren wir wieder in Stahnsdorf.
Für Nachahmer der Hinweis: Macht solch eine Fahrt nicht mit C-Booten. Mit gedeckten E-Booten hätten wir dieses Mal auch fahren können, aber der Inari ist nicht immer so friedlich. Unterschätzt nicht die Gepäckmengen in den Booten und das veränderte Fahrverhalten der Boote mit Gepäck. Unsere Inrigger sind definitiv die bessere Idee. Die Obleute sollten sehr erfahren sein. Unser 5er Obmannschein (oder ein dänisches Langtuur-Patent) sind dringend zu empfehlen.
Nächstes Jahr geht es wieder zum Saimaa.
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