Mecklenburg Umfahrt => Teil 2 Video
800 km Rundtour im Sommer 2020
Geplant war für den Sommer eigentlich eine Polenwanderfahrt auf Bug, Narew und Weichsel. Da aber die Corona Bestimmungen in Polen zumindest erhebliche Probleme erwarten ließen, stellten wir auf eine Wanderfahrt in Deutschland um. Keine An- und Abreise, kein Landdienst und halbwegs überschaubare Corona- Auflagen.
Am Zeugnistag ging es bereits Mittags mit 3 Booten und 11 Ruderern los. Gut beladen, da wir nicht nur persönliches Gepäck für 20 Tage, sondern auch Zelte, Matten und Schlafsäcke dabei hatten. Dazu kamen noch Kocher und Gasflaschen und Lebensmittel für einige Tage. Über den Griebnitzsee zur Glienicker Brücke und dann weiter über den Sacrow- Paretzer- Kanal. Der Trebelsee war ungewöhnlich ruhig. Die weitere Havelstrecke bis nach Brandenburg ist für die RC KST Ruderer so etwas wie eine erweiterte Heimatstrecke. Wir rudern die mindestens zwei Mal im Jahr. Dieses Jahr kam noch dazu, dass wir sie bereits zu Pfingsten zurück gelegt hatten. Heute war jedoch die Herausforderung, dass unser Quartier unmittelbar hinter der Sportbootschleuse Brandenburg lag und die machte um 18:45 zu. Das letzte Boot war um 18:15 da. Schlimmstenfalls hätten wir noch über die Hauptschleuse ausweichen können, das wären allerdings einige Kilometer Umweg gewesen. Als Quartier hatten wir zwei Hütten am Wassersportzentrum Alte Feuerwehr in Brandenburg. Schöne Hütten und sogar ein eigenes Küchengebäude, wie auf einem skandinavischen Campingplatz.
Am nächsten Morgen ging es dann entspannter los. Bis Rathenow waren es zwar wieder 50 km, aber unser Quartier (der Ruderclub) lag unmittelbar vor der Schleuse, also kein Stress mit Schleusenzeiten. Zunächst ruderten wir über die Brandenburger Stadthavel. Am Anfang noch städtisch, aber schon bald nur noch Grün auf beiden Seiten des schmalen Flussarms. Der Plauer See war ungewöhnlich friedlich und nach der Überquerung ging es bei Plaue wieder in die flussförmige Havel. Zunächst noch begleitet von zahlreichen Hausbooten, hatten wir hinter der Schleuse Bannetze den Fluss wieder weitgehend für uns. Die Havel ist hier ein weitgehend natürlicher Wiesenfluss, teilweise mit Auwald am Ufer und sehr einsam. Bei Milow wurde noch eine ausgiebige Badepause eingelegt. Am Abend trudelten die Boote beim Rathenower Ruderclub ein, wo wir schon erwartet wurden. Entgegen den Erwartungen durften wir sogar im Gebäude übernachten. Der Kaufland war in der Nähe, so dass sich Johanna, nach kurzem Shopping- Ausflug sofort am Grill betätigen konnte. Getränke shoppen mit der Schubkarre des Ruderclubs ersparte uns allzuviel schleppen.
Da wir erst gegen 9 Uhr durch die Rathenower Stadtschleuse kamen, konnte etwas länger geschlafen werden. Die Havel windet sich hinter Rathenow wieder durch extrem einsame Aulandschaften. Nach einer weiteren Schleuse zweigten die Boote auf einen kleinen Nebenarm ab, die Gülper Havel. Zu Pfingsten war hier der VL noch fast an einer defekten Selbstbedienungsschleuse gescheitert. Dieses Mal sollte die Schleuse repariert sein, wir waren dankbar, dass wir unsere beladenen Boote nicht wieder umtragen mussten. Die Gülper Havel ist deutlich kleiner und noch kurviger als der Hauptarm und man umgeht mit ihr eine Großschleuse. Kurz vor dem Ende machten wir noch ein Pause am Wasserwanderrastplatz Strodehne. Die Gaststätte hatte leider zu (sind ja nur Brandenburger Sommerferien), aber wir durften uns auf der Terrasse unterstellen. Das lange erwartete heftige Gewitter erwischte uns nun doch. Die restliche Strecke nach Havelberg war es dann wieder trocken und immer noch sehr warm. Wir legten beim Ruderclub an. Als Quartier hatten wir zwei Hütten mit Betten für alle. Zwei Ruderer machten sich unmittelbar nach der Ankunft auf den Weg zum Supermarkt. Der liegt leider ein gutes Stück entfernt und darüber hinaus oben auf dem Berg. Auf dem Hinweg nahm uns dankenswerter Weise die Hauswartin von Havelberg mit, so dass wir nur bergab laufen mussten.
Der Start am Morgen begann erst mal mit der Schleuse Havelberg. Seit wenigen Tagen war sie wieder in Betrieb. Wir hatten uns nervlich schon auf ein Umtragen an einer defekten Schleuse am Altarm der Havel eingestellt, aber das WSA sah wohl doch ein, dass sie den Wassertourismus im Havelland nicht noch weiter torpedieren sollten. Danach ging es auf die Elbe und damit deutlich flotter vorwärts. Für diese Jahreszeit hatte die Elbe viel Wasser. Die Buhnen waren teilweise überschwemmt. Da die lächerlichen 35 km bis Wittenberge natürlich zu wenig waren, machten wir hier nur Mittagspause. Unglaublicherweise hatten zwei Restaurants an der Uferpromenade dieses Mal sogar geöffnet. Kein Ruhetag, nicht in den Sommerferien Betriebsruhe, wir konnten es kaum glauben. Die Servicewüste Brandenburg macht doch Fortschritte. Sogar eine Eisdiele hatte offen, angesichts der Hitze waren wir sehr dankbar. So gestärkt ging es weiter nach Schnackenburg, knapp 60 km Tagesleistung waren dank der Elbeströmung kein Problem. Anlegen konnten wir an der Fährrampe, die Fähre war wegen eines technischen Defekts schon seit Wochen außer Betrieb. Hier hatten wir, auch wegen der angedrohten Gewitter, eine Pension gebucht. Die “Alte Schule” kannten wir bereits vom Vorjahr. Schöne Zimmer und für kleines Geld bekam man soviel vom Grill und die zugehörigen Salate, wie man wollte. Ruderer wollen dann meist recht viel.
Am nächsten Tag ging es zunächst weiter die Elbe abwärts. Bei Dömitz bogen wir ins Hafenbecken ab. An dessen Ende mündet die Elde (der längste Fluss Mecklenburgs) in die Elbe. Wir schleusten mit zwei Motorbooten ein paar Meter nach oben und waren von der breiten Elbe nun auf einem schmalen Fluss gelandet. Mehr als zwei Ruderboote passten hier nicht nebeneinander. Auch wenn der Elde-Kanal über weite Strecken künstlich ausgebaut ist, so ist der doch schön zu rudern und landschaftlich durchaus reizvoll. Da der Motorbootverkehr recht gering war, gab es auch kaum Wartezeiten an den Schleusen. Dafür waren wir auch sehr dankbar, da das WSA, in göttlicher Allmacht, beschlossen hatte nur von 9- 16:30 zu schleusen. Allgemeine Aufrufe in Deutschland Urlaub zu machen, sind beim WSA natürlich nicht angekommen. Nach 10 km hatten wir die 4 Pflichtschleusen geschafft und begannen uns nach einem Biwakplatz umzusehen. Der erste sagte uns nicht so zu, so dass wir uns entschlossen noch 8 km weiter nach Eldena zu rudern. Unmittelbar vor der nächsten Schleuse war hier ein Yachthafen, der wirklich alles bot, was ein Wasserwanderer sich wünschen kann. Eine Wiese zum zelten, saubere Sanitäranlagen und einen großen Pavillon unter dem wir kochen und essen konnten. Wir durften sogar die Boote am Steg liegen lassen, ohne dafür Hafengebühren zu bezahlen.
Da wir am Vortag deutlich mehr geschafft hatten als erwartet gab es heute nur eine Kurzstrecke von knapp 30 km bis Neustadt-Glewe. Wir hätten sicher deutlich mehr geschafft, aber dank der Schleusenöffnungszeiten hätten wir dann irgendwo im Nirgendwo fest gehangen. Einige der vier Selbstbedienungsschleusen waren sogar mit Schleusenwarten besetzt, da der Verkehr aber sehr gering war, gab es nirgendwo Probleme. Es fiel auch auf, dass die hier fahrenden Motorboote kompetente Schiffsführer hatten. In Neustadt-Glewe liegt der Sportboothafen wieder direkt vor der Schleuse und unmittelbar im Ortszentrum. Der Schwarzmarkt (Lidl) war nicht weit weg, so dass wir die Vorräte auffüllen konnten. Der Platz zum zelten war zwar recht knapp, aber wir bekamen die vier Zelte unter und durften sogar die überdachte Terrasse des Hafenmeisterbüros für das Abendessen nutzen.
Nach dem morgendlichen Schleusen unmittelbar nach dem Start und einer weiteren Schleuse erreichten wir nach 10 km das “Elde-Dreieck”. Hier geht die Elde nach Osten weiter und nach Westen zweigt der Störkanal in Richtung Schwerin ab. Wir wollten nach Schwerin. Der heftige Seitenwind hatte uns auf der ersten Teilstrecke schon nervös gemacht, jetzt kam er unmittelbar von vorne. Der Störkanal bietet auf den ersten 11 km nicht nur keine Deckung, er läuft auch teilweise deutlich über der Landschaft und ist schnurgerade. Besonders die Zweier hatten mit dem Wind zu kämpfen, dazu noch die eintönige Kanalstrecke. An der Schleuse Banzkow geht es dann noch einmal nach oben. Danach wir der Kanal etwas natürlicher und bietet etwas mehr Deckung, aber der Wind blieb. Leider auch nachdem wir nach weiteren 10 km den Schweriner See erreichten. Jetzt kam der Wind zwar von der Seite, so dass wir das Ufer als Deckung nutzen konnten, aber jede Bucht war lästig. Nach insgesamt 40 km legten wir am Steg der Schweringer Rudergesellschaft an. Der liegt direkt gegenüber vom Schweriner Schloss. Eine Lage für ein Postkartenmotiv. Nach einigen Diskussionen mit den Kellnerinnen des Bootshausgaststätte fanden diese dann auch die für uns hinterlegten Schlüssel für die Gästezimmer. Da wir die Küche nicht nutzen konnten, wurde der Kocher auf dem Bootsvorplatz aufgebaut. Der nächste Schwarzmarkt war etwas entfernt, aber wir konnten mal wieder die Vorräte auffüllen.
Am nächsten Tag war Sightseeing angesagt. Natürlich mit dem Boot. Wir machten eine große Runde über den Schweriner See, der Wind hatte glücklicherweise nachgelassen. Also zunächst eine Runde ums Schloss, dann nordwärts durch den Paulsdamm zum Schweriner Außensee, dann zurück über den Ziegelsee, so weit wie möglich ins Stadtzentrum. Wir fanden auch das Wehr zum Pfaffenteich (im Stadtzentrum), leider hätte man hier nicht umtragen können, dann zurück zum Ruderclub. Am Nachmittag ging es dann zu Fuß in die Stadt. Am Abend durfte dann Johanna endlich wieder grillen.
Nach dem “Pausentag” mussten wir zunächst wieder den Störkanal zurück rudern. Auch ohne Gegenwind machten die langen Geraden es nicht wirklich besser. Erst ab dem Elde Dreieck wurde der Flusslauf wieder kurvenreicher. Das Wetter war extrem durchwachsen und wir verstanden langsam was Meteorologen unter 40% Regenwahrscheinlichkeit verstanden, mindestens 4 mal am Tag einregnen. Unsere zweite Schleuse war schon wieder auf der Elde und nach gut 40 km erreichten wir Parchim. Hier hatten wir uns am Vortag, angesichts der Wetterlage eine Pension gebucht. In einem winzigen “Yachthafen” konnten wir unsere Boot festmachen und stapften zum Quartier. Mit dem Gepäck durchaus eine Herausforderung. Wir waren in 2 getrennten Häusern untergebracht. Zimmer sehr gut, aber Abendessen gab es keins und angesichts des Wetters wollten wir nicht auf dem Parkplatz den Kocher aufbauen. Daher freute sich der örtliche Dönerladen über 11 hungrige Ruderer. Wir wären an diesem Tag sogar noch weiter gekommen, da das WSA ab dem 1.7 plötzlich die Schleusenzeiten verlängert hatte. Das merkten wir jedoch erst an der zweiten Schleuse.
Da wir angesichts der verkürzten Strecke des Vortags es heute nicht schaffen würden die Seenplatte zu erreichen, wurde das Tagesziel zurück genommen. Der letzte Wasserwanderrastplatz war in Kuppentin, knapp 40 km, 4 Schleusen. Die Strecke war wieder schön, gewundener recht natürlicher Flusslauf, extrem einsam kaum Orte unterwegs. Die Mittagspause in Lübz verzichtete auf die Brauereibesichtigung und plünderte lieber die letzten Reste der örtlichen Bäckerei. Zum Abschluss gab es dann eine Selbstbedienungsschleuse mit 7m Hub, durchaus beeindruckend. Der Wasserwanderrastplatz hatte den Namen: Bermuda Dreieck. Es verschwanden zwar keine Boote, aber er liegt wirklich mitten im Nirgendwo. Der Betreiber war zunächst nervös, wegen einer zeltenden Jugendgruppe, aber alle Ruderer benahmen sich vorbildlich. Wir zelteten am Waldrand und hatten Glück, dass es am Abend kaum Schauer gab, so dass wir entspannt Abendessen kochen konnten.
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