Donau III
Serbien April 2023
Bezdan - Negotin
Zu Ostern rudern wir traditionell auf der Donau. Dieses Jahr war die dritte Strecke an der Reihe, die serbische Donaustrecke. Anderthalb Tage brauchte der Anhängertransport nach Apatin, nahe der ungarischen Grenze. Der Rest der Mannschaft reiste per Flugzeug nach Belgrad und von dort mit dem Bus weiter und brauchte dafür nur unwesentlich weniger Zeit. Eine Bahnanreise war nicht möglich.
Der erste Rudertag startete 25 km flussaufwärts von Apatin, direkt an der ungarisch-serbischen Wassergrenze, genau 100m unterhalb der Grenzkontroll-Station. Ganz dringende Empfehlung diese Grenze nicht auf dem Wasser zu überqueren, sonst erfährt man, dass die Deutschen kein Monopol auf überbordende Bürokratie haben. Bei warmen und trockenem Wetter (alle Regenschauer zogen an uns vorbei) ruderten wir diese Kurzetappe zurück nach Apatin zu unser Luxusherberge “Zlatna Koruna”. Am Nachmittag spazierten wir noch etwas durch die Innenstadt und genossen das gute Wetter.
Der nächste Rudertag konnte nicht unterschiedlicher sein. Glücklicherweise trocken, aber kalt und windig. Da wir auf der Grenzstrecke zu Kroatien waren, war das Steuerbordufer tabu. Leider liegen dort die Ortschaften. Auf serbischer Seite ist auf 83 km nur Sumpf. Es ging also vorbei an der Drau-Mündung, Aljmas und Vukovar (beides Quartiere beim letzten Mal) bis nach Backo Novo Selo, der ersten “Ortschaft” auf serbischer Seite. Das serbische Ufer war durchgehend flach, dagegen erhoben sich auf kroatischer Seite immer wieder Hügelketten entlang der Donau. Bei Backo Novo Selo hatten wir ein Hotel an einem Altarm der Donau gebucht. Die Einfahrt in den Altarm war etwas knapp, aber dafür konnten wir an einer Wiese direkt vor dem Hotel anlegen. Das Hotel, die Terasse noch nicht ganz fertig, aber drinnen war alles schick. Bis auf das Detail, dass sie unsere bestätigte Booking.com Buchung angeblich nicht erhalten hatten. Das Personal war flexibel und stellte ein paar Zusatzbetten in die Zimmer rein, das Abendessen klappte auch gut, aber so etwas darf einem Hotel einfach nicht passieren. Dazu kam noch, dass der Preis 50% höher lag, als bei Booking.com. Leider gibt es hier überhaupt keine Alternative.
Nun folgte leider ein Tag im Schneesturm. -1 Grad, heftiger Wind, Dauerschneefall, 50m Sicht, 60 km rudern. Es gibt angenehmere Bedingungen, besonders für die Steuerleute. Diese hatten nicht nur mit der Kälte zu kämpfen, sondern auch damit, dass man entgegenkommende Schiffe und Tonnen sehr spät sehen konnte. Kurz vor dem Ziel Novi Sad lag dann auch noch ein Bagger außerhalb der Fahrrinne. Nur an den Bällen am Mast merkten die Steuerleute, was da vor ihnen lag. Zwei Bälle vorbeifahren, ein Ball gesperrte Seite. Die Farben (grün + rot) waren bei dem Wetter überhaupt nicht zu erkennen. Dafür war unser Quartier Gorski, ein einfaches Hostel gut geheizt, so dass wir Ruderer und Klamotten aufgewärmt und getrocknet bekamen. Die Anlegestelle war eine Rampe direkt unterhalb des Hostels.
Der nächste Morgen bot uns immerhin 5 Grad und Sonne, aber wieder viel Wind. Nach nur 5 km war aber zunächst Pause. Direkt unterhalb der Festungsmauern von Novi Sad legten wir an und stiegen zur Festung auf. Wir genossen trotz des kalten Wetters die Aussicht und stiegen dann zur nächsten Brücke ab und besichtigen die am anderen Ufer liegende Innenstadt von Novi Sad. Die barocke Innenstadt ist durchaus sehenswert, aber die umliegenden Plattenbau-Hochhäuser erdrücken die historischen Gebäude ein wenig. Der Kuchen im örtlichen Kaffeehaus war gut, aber recht teuer. Nach der Stadtbesichtigung ging es nur noch 11 km weiter nach Sremski Karlovci. Unser übliches Hotel direkt am Wasser mit daneben liegender Wiese, so dass man gut anlegen kann. Zimmer und Essen waren gut, wenn wir auch wegen einer slowenischen Reisegruppe zum Abendessen auf die (verglaste) Terrasse ausweichen mussten. Dank historischer Industrieheizung einigermaßen warm.
Nun folgte wieder eine anständige Etappe von 51 km nach Novi Banovci. Bei 11 Grad und Sonne kam endlich so etwas wie Frühlingsstimmung auf. Die Landschaft war eher eintönig. Zunächst flache Ufer, dann auf Steuerbord eine 30-40m hohe Geestkante. Die Häuser oft gefährlich nah an der Abbruchkante. Da diese erkennbar nur aus Lehm bestand, war immer wieder zu sehen, dass es öfter zu Abbrüchen kam. Am Ziel dirigierte uns der Landdienst an einen (allerdings stark verschmutzten) Badestrand. Hier gab es zwar auch ein Hotel, dass aber in keiner Liste stand. Unser Hotel war 2 km in den Ort. Die älteren wurden gefahren, die Jugend lief. Das Hotel hatte erkennbar den Anspruch eines Luxushotel, die Rezeption sprach eindeutig österreichisch. Selten, dass man mit den Ruderern so ein Haus aufsucht. Die Zimmer entsprachen dem Anspruch des Hotels, das Restaurant leider nicht. Ein nicht durchgebratenes Hühnerfilet, man tat sich zunächst schwer für den Ersatz und der Ausfall der Palatschinken als Dessert (stand auf der Karte) trübten etwas den guten Eindruck. (Zur Ehrenrettung für das Hotel das Frühstück war extrem gut.)
Der nächste Rudertag war leider wieder extrem kalt, aber immerhin verschonte uns der Regen. Wir ruderten auf Belgrad zu. Der erste Stadtteil Zemun gilt als Partyviertel entlang der Donau. Bei dem Wetter hatten aber nicht mal die Serben Lust auf Party. Die extrem hässlichen Hochhäuser verbesserten den Anblick nicht wirklich. Erst kurz vor der Save Mündung, mit Blick auf die Festung von Belgrad wird es schöner. Unser schwimmendes Hotel lag an einem Nebenarm der Donau nur ganz knapp vor der Save Mündung. Wir legten an der Restaurantterrasse an, ließen die Ruderer aussteigen und banden die Boote in die Strömung. Das Hostel Arka Barka ist empfehlenswert. Schöne Zimmer, gute Lage nur schwer mit dem Auto zu erreichen, da der Park am Ufer eigentlich für Fahrzeuge gesperrt ist. Unsere Ankunft hatte der örtliche Verleiher eines slawischen (Wikinger) Ruderboots gesehen und uns spontan eingeladen eine Tour zu machen. Daher ging es gleich wieder aufs Wasser. Die Save aufwärts (allerdings unter Motor) bis zum Neubaugebiet “Waterfront” in Belgrad. Ein umstrittenes, riesiges Gebiet mit Luxus-Wohnungen und Geschäftshochhäusern im alten Hafengebiet. Zurück zum Anleger an der Donau durften wir dann auch rudern.
Danach ging es zu Fuß auf die Belgrader Festung und durch die Innenstadt. Leider hatte inzwischen schwerer Regen eingesetzt, was die Freude am Sightseeing etwas trübte. Mit einiger Mühe gelang es uns auf einem schwimmenden Restaurant am Ufer der Donau ein Abendessen zu bekommen. Viele Restaurants hatten zu, bzw. einige landeinwärts gelegene Gaststätten erwiesen sich eher als Schnellrestaurants ohne Sitzplätze.
Heute gab es mit 52 km mal wieder eine richtige Etappe nach Smederovo. 11 Grad, teilweise sogar Sonnenschein und kein Wind. Für den Fahrtenleiter kam die Überraschung beim Quartier in der Villa Graf. Die Ruderer hatten, zusammen mit Jovanka eine Feier zum 4. Äquatorpreis vorbereitet. Den hatte der VL zwar bereits vor 2 Jahren errudert, aber auf Grund von Corona hatte es bisher keine Feier dafür gegeben. Daher gab es jetzt eine Äquatorpreistorte, Sekt und einen echte Äquatorpreis-Schale, die WaWa gestiftet hatte. Die hungrigen Ruderer schafften nach der riesigen Torte am Nachmittag sogar noch das Abendessen.
Nach dem Start in Smederovo ging es zunächst an der riesigen Festungsanlage vorbei. Danach ist der Fluss eher eintönig, extrem breit, die Landschaft flach. Immerhin halbwegs warm und teilweise sonnig, kaum Wind. Schon aus weiter Entfernung sieht man die Berge der Karpaten, die sich an der rumänischen Grenze an den Fluss heranschieben. Die kommen nur einfach nicht näher. Erst wenn man auf serbische Seite eine Festung auf der Berghöhe sieht, weiß man, dass jetzt die scharfe Steuerbordkurve kommt und die Bergstrecke beginnt. Ab hier ist das Backbordufer rumänisch, also tabu. Häufig hat man hier mit heftigen Winden zu kämpfen, dieses Mal blieb alles ruhig. Am Abzweig zum Silbersee (einem komplett abgetrennten Altarm), nach 53 km, wartete der Landdienst und bugsierte uns an einen kleinen Strand, wo wir die Boote heraus nahmen. Unser Quartier lag direkt am Silbersee, etwas 2 km entfernt. Wir hatten ein Ferienhaus mit vielen Betten in den Zimmern. Das Quartier erinnerte uns wieder, dass wir auf dem Balkan unterwegs waren. Die sehr luxuriösen Quartiere der letzten Tage hatte uns das beinahe vergessen lassen. Das Abendessen wurde selbst gekocht, der VL hatte zusätzlich beim Wirt Räucherfleisch geordert.
Am nächsten Tag stand eines der Highlights der Ruderstrecke an. Nach dem Silbersee breitete sich die Donau im Becken von Golubac auf über 5 km Breite aus, um sich dann im Ausfluss auf 300m Breite zu verengen. Hier beginnt der eigentliche Canyon der Donau. Dazu kommt noch, dass direkt hier die Burg von Golubac liegt. Früher lag diese hoch über der Donau, dank der Stauhaltung von Djerdap 1 stehen die unteren Türme der Burg jetzt im Wasser. Dank der Verengung des Flußes treten hier extreme Wirbel und Strudel auf, welche für die Steuerleute herausfordern waren. Die folgende Ruderstrecke geht durch ein wunderschönes Engtal. Nach 14 km legten wir an einer kleinen Landzunge mit verfallenem Campingplatz an und lagerten unsere Boote (43 km Gesamtstrecke). Nur 2 km landeinwärts, etwas bergaufwärts lag der Campingplatz Asin. Schön gelegen, mehrere Hütten mit Betten und ein überdachter Sitzplatz. Das war auch gut so. Wir hatten unterwegs 2-3 leichte Schauer abbekommen, kaum genug um das Regenzeug raus zu holen. Jetzt brach aber ein Unwetter mit langem Starkregen los. Wir waren froh, dass wir schon im Quartier waren. Abendessen wurde wieder selbst gekocht.
Der ganze nächste Tag ging weiter durch den Canyon. Gesäumt von Bergen bis zu 800m Höhe, die Flussbreite zwischen 300 und 600m. Das ganze bei 16 Grad und sehr viel Sonne. Das war wirklich Genussrudern vom Feinsten. 42 km Sightseeing. Die einzige Störung war ein Kreuzfahrtsschiff, aber das verkraftet man als Wannsee-Ruderer auch. Ziel war Donji Milanovac. Allerdings natürlich nicht das berüchtigte Hotel Lepenski Vir, sonder die direkt vor dem Ort gelegene Pension Velic. Anlegen wollten wir in einer kleinen Lagune direkt vor der Pension. Leider war diese bei diesem Wasserstand trocken gefallen, so dass wir direkt an einem winzigen Donaustrand anlegen mussten und unsere Boote einen Hang hochschleppen mussten. Immerhin waren es von hier zur Pension nur 500m zu laufen. Die Pension hat schöne Zimmer, Abendessen und Frühstück waren hervorragend.
Am nächsten Morgen hatten wir mal wieder mit einem Wetterumschwung zu kämpfen. Windstärke 8, zwar leicht schiebend und sonnig, aber der Wellengang war heftig. Die Obleute erkundeten zunächst mit dem Auto wie der Wind auf dem Ende der Strecke stand und entschieden dann nur bis Tekija zu rudern. Hier gibt es ein Hafenbecken wo man windgeschützt anlegen konnte. Dies ist die letzte Aussetzmöglichkeit vor der Schleuse Djerdap I. Da wir uns nicht ganz sicher sein konnten, ob wir geschleust werden, wollten wir keine Rückfahrt von der Schleuse nach Tekija riskieren. Die Strecke vor Tekija ist der spektakulärste Teil des Eisernen Tores. Die Flussbreite verengt sich auf unter 200m, flankiert von hohen Felsen auf beiden Seiten, mit den entsprechenden Wirbeln im Fluss.
Danach wurden die Boote aufgeladen und die Ruderer in zwei Fuhren nach Kladovo ins Quartier gefahren. Der Wellengang direkt in Kladovo zeigte uns, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten. Die Wellen erinnerten eher an einen stürmischen Tag auf der Ostsee. Als Quartier hatten wir Appartements am Rand der Innenstadt. Sehr schön und modern, allerdings für normale Gäste wären die 4-Bett Appartements etwas eng gewesen. Abendessen gab es im Ortszentrum in Restaurant Jezero (=See, ein kleiner Tümpel neben der Donau)
Auf der Strecke nach Brza Palanka knackte die Sonne heute endlich mal die 20 Grad Marke. Die Donau verlässt hier die Gebirgsstrecke, nur noch leichte Hügel und sonst Flachland. Allerdings hatte man nach halber Strecke am Horizont die schneebedeckten Gipel der Karpaten im Blick. Die Strömung war leider auf Grund der nächsten Staumauer kaum noch vorhanden, so dass die 53 km wirklich gerudert werden mussten. Am frühen Nachmittag erreichten wir den Campingplatz Miroka Voda. Weit und breit die einzige Übernachtungsmöglichkeit. Wir hatten Zimmer in einem einfachen Gebäude. Jeder hatte ein Bett, die Sanitäreinrichtungen waren auch etwas primitiv, aber für Wanderruderer reichte es. Abendessen im örtlichen Restaurant war gut, der Wirt konnte zwar kaum Englisch, aber sein ca. 10jährige Tochter übersetzte. Zum Schluss spendierte er sogar noch Palatschinken für die ganze Mannschaft.
Der Morgen begann mit dem Besuch eines serbischen TV-Teams. Wir wurden beim Ablegen gefilmt, die Interviews sollten später folgen. An unserem Ziel dem Campingplatz St. Mokranjac wartete das TV-Team bereits auf uns. Mehrere Leute wurden zum Interview gebeten. Unsere Jugend lernte daraus hoffentlich, dass der Englischunterricht nicht nur dafür da ist, damit der Lehrer glücklich ist. Nach der PR-Arbeit ging es noch zwei Kilometer weiter bis zum Strand von Kusjak. Dieser liegt etwas einen Kilomter vor der Schleuse Djerdap II.
Wir luden die Boote auf und verbrachten den Abend auf dem Campingplatz. Die vereinzelt einsetzenden Schauer störten und jetzt nicht mehr. Einige Leute wurden schon am Abend zum Busbahnhof gebracht, ein paar erst am nächsten Morgen.
Die Rückreise des Anhängertransports ging über Rumänien, wir gingen bei Kladovo über den Fluss, da uns die Grenzkontrolle bei Djerdap II nicht durchlassen wollte. Mit einer Übernachtung bei Györ erreichten wir nach 2 Tagen wieder Stahnsdorf.
Das Wetter hätte etwas besser sein können, aber bei einer Osterfahrt ist man nie ganz sicher. Die Mannschaft hat gut durchgehalten, auch unser 12jähriger Anfänger hat es unbeschadet überstanden.
Nächstes Jahr geht es wieder auf die Donau. Wir setzten direkt gegenüber unser Aussetzstelle, auf rumänischer Seite wieder ein.
Noch ein Tip für Veganer: Fahrt nicht nach Serbien, ihr werdet verhungern.
|